
Die kleine Geschichte einer Backsteinmauer
soll gar nicht sein von langer Dauer
soll nur ein Stück weit Klarheit bringen
mit Metaphorik solls gelingen
Nun gab es diese Backsteinmauer
und nen Lehr-Mönch als ihr Erbauer
er allein soll sie errichten
die Steine aufeinander schichten
so hat’s der Meister ihm aufgetragen
und der Lehrling will folgen und nicht hinterfragen.
An folgenden Tagen, nach Meditation
ein Aufwand von Kraft und Präzision
schichtet er mit Mühen auf,
Stein und Stein, bis alsbald drauf
die Backsteinmauer ist vollbracht
mit Stolz erfüllt, er hats geschafft
aus eigenem Fleiß und täglicher Kraft
doch ehe es dem Meister zu zeigen
will er ganz kurz noch stille schweigen
um mit peniblem Blick final
zu prüfen noch ein letztes Mal
ob er bei den Mauersteinen
ausnahmslos auch wirklich keinen
findet der aus der Reihe tanzt,
sonst ,meint er, wärs mit dem Meister verschanzt
und just bei diesem letzten Check
fährt in ihm hoch ein kalter Schreck
ein Gräul, ein Graus, ja kann das sein
das sieht ja aus, nicht jeder Stein
ist, wie geplant, in Reih und Glied,
oh wenn das bloß der Meister sieht!
2 der Steine, klar zu sehen,
die fest vermeiselt schief rausstehen
all Symmetrie ist nun dahin
und mit ihr des Bauwerks ganzer Sinn
für diesen groben Ästhetikmangel,
nimmt man ihn sicher in die Angel!
Doch der Mönchesschüler weiß
ihm ist die Pflicht, zu jedem Preis,
die Fehlleistung gleich Preis zu geben,
dem Meister ehrlich dazulegen.
ängstlich, blass und buckelnd klein,
vor angstschweiß nass, fasst der Schüler sein
höchstes Maß an Mut zusammen,
um den Meister, voller bangen,
den Mauer-Patzer zu gestehen,
ihn anzuflehen um nicht zu gehen
müssen, denn ein solch Versehen,
wird nie und nimmer so geschehen.
Alsbald der Lehrer, der erleuchtet-Weise,
ganz unerwartet sanft und leise,
weder Ärger noch Haltung noch Fassung verliert,
die Hand auf des Lehrlings Schulter platziert,
mit ruhiger-warmer Stimme fragt,
warum der Lehrling denn so klagt
keinen Grund gäb’s dass er jetzt verzagt,
nur weil aus dieser Mauer ragt,
einstein ,
nein zwei,
um genau zu sein,
doch Lehrling lass die Eigen-pein
und vernimm die folgend Weisheit ein:
Es ist eine Blendung, ja Illusion,
die nun seit Langem die Menschheit schon
verfolgt- in Betrachtung ihrer Außenwelt
immer nach Perfektion bestellt
Sie wollen nur das unversehrte,
das glänzend-wertvoll unbeschwerte,
und blind nur nach dem Anteil streben,
den sie als “gut” und “wohltuend” erleben.
stattdessen hat jener den höchsten Wert,
der das Leben in ALLEN Facetten ehrt,
der Balance aller Zweiseitigkeit erreicht,
auch wenn das Erlebte von dem abweicht,
was er im Geist visualisiert -
er akzeptiert, was auch passiert.
In deinem Fall, mein Sohn,
gebührt statt Hohn dir höchster Lohn:
Denn diese Backsteinmauer hier,
die du so kritisch siehst vor dir,
ist gut mit 998 Steinen,
von denen jeder einen
wichtigen Teil des Ganzen darstellt,
so ist’s mit Allem in der Welt.
Und selbst die zwei Steine, die Schande du nennst,
ich seh sie als keine, denn wenn du erkennst,
auch sie stützen diese Mauer,
und das Gesamtwerk von dir als Erbauer,
sollten wir als vollkommen betrachten -
nicht trachten nur nach perfekt Gemachten.
Der Fokus soll doch viel mehr liegen
auf den 998 Siegen
und auf dem Großen Wunderwerk -
stattdessen liegt das Augenmerk,
wie so oft beim Menschensgeist,
auf dem was man nicht als Optimum preist.
Und nicht nur bei Dingen, Taten, Geschehen,
auch beim Partner und Mitmenschen sehen
wir viel zu oft nur die wenigen Macken
zwecks denen wir blind aufeinander rumhacken,
statt 998 Facetten zu schätzen,
die uns doch viel mehr in Erstaunen versetzen.
Darum mein Sohn,
lass Illusion der Perfektion
und unbegründeten Argwohn
von gleich auf für immer beiseite schieben,
statt dessen im Leben lernen zu lieben,
alle Steine und Teile im Leben,
wie bei der Backsteinmauer eben.